Köln 06.–09.11.2025 #artcologne2025

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Angekommen in der Traumstadt

Mitten im turbulenten Tribeca in New York führt Silke Lindner ihre junge Galerie, mit der sie nun ihr Debüt auf der ART COLOGNE gibt.

Die New Yorker Galeristin Silke Lindner

Porträt der New Yorker Galeristin Silke Lindner. Photo: Silke Lindner, New York.

New York. Manchmal muss man einfach ins kalte Wasser springen. Oder frech die wichtigsten Galerien anschreiben. Dann klappt auch ein Praktikum bei Anton Kern. Für Silke Lindner war das noch während ihres Studiums der Einstieg in die Szene. Die Kunsthistorikerin aus der Nähe von Rendsburg hat aber auch angepackt, und was soll man sagen: Mitten im turbulenten Tribeca führt sie inzwischen ihre eigene Galerie, mit der sie im November ihr Debüt auf der ART COLOGNE gibt.

Frau Lindner, wie schafft man es, im teuren New York so jung eine Galerie zu eröffnen?
Sparen, so viel Kunst wie möglich sehen und gesellig sein.

Gab es bürokratische Hürden, als Sie vor zwei Jahren losgelegt haben?
Die bürokratischen Hürden hatte ich eher in den Jahren davor mit Aufenthaltsgenehmigungen, Visa und Greencard. Als ich dann den Galerieraum fand, war es relativ einfach zu eröffnen. Ich habe ein Gewerbe angemeldet, und los ging‘s.

Hat die Erfahrung in der Galerie von Jack Hanley geholfen?
Absolut. Jack hat mir sehr viel Freiheit gegeben, und da ich die meiste Zeit die einzige Angestellte war, habe ich alles gemacht: Verkauf, Messen, den Austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern und sogar einen Teil des Programms.

Sie sind ein großes Risiko eingegangen, aber das Potenzial einer solchen Stadt dürfte noch deutlich größer sein?
Ja. Die Zusammenarbeit mit den Künstlern und das Feedback, das ich seit der Eröffnung der Galerie bekommen habe, ist es jetzt schon wert. Ich denke auch, dass Risikofreude hier in New York mehr belohnt wird als anderswo.

Die Arbeit „If and Only If” von Ang Ziqi Zhang

Silke Lindner zeigt auf der ART COLOGNE eine Soloschau der kanadischen Malerin Ang Ziqi Zhang – oben: „If and Only If” von 2024. Photo: Chris Herity; © Courtesy the artist and Silke Lindner, New York.

„Es muss menschlich passen.“

Auf Ihrer Webseite steht eine überschaubare Zahl von Künstlerinnen. Es scheint eine bewusste Entscheidung zu sein, sich auf wenige wirklich zu konzentrieren.
Im Moment sind es fünf Künstlerinnen, ein weiterer Künstler ist im Gespräch. Dass es hauptsächlich Frauen sind, hat sich eher ergeben. Aber ich leite die Galerie ganz alleine und möchte sichergehen, dass ich mich um jede und jeden wirklich kümmern kann. Das steht meinen Künstlerinnen einfach zu. Mir geht es um eine langfristige Zusammenarbeit und nicht darum, in kurzer Zeit möglichst viele Positionen zu repräsentieren. Es muss menschlich passen, Vertrauen spielt eine große Rolle – und ich muss zu 100 Prozent von der Kunst überzeugt sein.

Ihr Programm wirkt sehr individuell, die Unterschiede sind groß. Man kann weder von einem verbindenden Stil noch von vergleichbaren Inhalten sprechen. Weshalb gerade diese Künstlerinnen?
Am Anfang ist es die Intuition, oft sogar verbunden mit einer körperlichen Reaktion. Dann sollte die Arbeit etwas reflektieren. Gibt es einen Aha-Moment, ist das immer ein gutes Zeichen. Mich sollte schon auch die Thematik ansprechen. Aber mich interessiert ausgesprochen viel, deshalb sind meine Künstlerinnen auch sehr verschieden. Wichtig ist schon auch, dass eine Position anders und neu auf mich wirkt. Aber ehrlich, das ist oft ein Bauchgefühl.

Ihre Konkurrenz ist groß, in New York gibt es über 1500 Galerien. Wie fällt man auf? Und wie setzt man sich durch?
Es mag naiv klingen, aber die Kunst selbst setzt sich durch. Auf lange Sicht sollte man beim Aufbau eines Programms nicht auf Markttrends setzen. Wichtig ist auch ein großes Netzwerk aus Kuratoren, Kritikern, Sammlern, interessierten Besuchern und heute natürlich Social Media. Das sollte man pflegen und versuchen zu erweitern. Trotzdem: Wenn die Kunst nicht heraussticht, bringt das beste Netzwerk nichts.

Sie kennen auch die deutsche Szene. Wie unterscheidet sie sich von der amerikanischen?
Ich bin mit der deutschen Szene gar nicht sehr vertraut. Das hat damit zu tun, dass ich direkt nach dem Studium in Berlin nach New York gezogen bin. Es ist kein Geheimnis, dass die New Yorker Galerieszene kommerzieller tickt als die deutsche. Das liegt aber auch an den immensen Mieten. So diktiert oft genug der Markt, was in den Galerien gezeigt wird. In Deutschland ist das noch entspannter. In New York gibt es kaum staatliche oder öffentliche Förderung. Bestimmte Positionen, die in Deutschland zum Beispiel in Kunstvereinen gezeigt werden können, gehen hier oft unter.

Die Arbeit „Gear” von Ang Ziqi Zhang

Ang Ziqi Zhang verbindet in ihren Werken oft mehrere tendenziell abstrakte Tafelbilder – oben „Gear“ von 2024. Photo: Chris Herity; © Courtesy the artist and Silke Lindner, New York.

Soloschau von Ang Ziqi Zhang

Mit welchen Sammlern haben Sie zu tun?
Ich arbeite viel mit jungen Sammlern und in der Hauptsache aus den USA.

Wagen diese Leute mehr als in Deutschland und anderswo, oder ist das vielleicht ein Vorurteil?
Das möchte ich nicht beurteilen, ich schätze die Europäer eigentlich sehr wagemutig ein.

Wo holen Sie sich Rat?
Im Großen und Ganzen verlasse ich mich auf mein Gespür, aber ich tausche mich trotzdem viel mit anderen Galeristen in New York und anderswo aus.

Die Frage, ob man es als Frau schwerer hat, dürfte inzwischen obsolet geworden sein, oder?
Ja. Als ich in New York angefangen habe, sah das aber noch ein bisschen anders aus. Ich musste mir öfters dumme Kommentare anhören oder mir von Männern erklären lassen, wie es läuft. Mittlerweile kommt das selten vor. Abgesehen davon habe ich viel mit Kolleginnen und Sammlerinnen zu tun.

Sie stellen zum ersten Mal auf der ART COLOGNE aus. Was bringen Sie mit?
Eine Solopräsentation der kanadischen Malerin Ang Ziqi Zhang. Sie lebt in New York und ist derzeit Stipendiatin der Neuen Folkwang Residence. Endes des Jahres hat sie im Neuen Essener Kunstverein ihre erste Soloschau und Deutschland. Ang Ziqi Zhang verbindet oft mehrere tendenziell abstrakte Tafelbilder, die allerdings noch Spuren einer figurativen Malerei andeuten. In ihrer Zeichensprache treffen Ost und West aufeinander. In der Farbgebung dominieren Grau- und Grüntöne, sowie grelles Neon, das an die Lichter in einem Techno-Klub erinnert. Das muss man sehen, das hat eine große Intensität.

Haben Sie vor, in New York zu bleiben?
Auf jeden Fall, jetzt mit der Galerie erst recht. New York ist immer noch meine absolute Traumstadt!