Köln 06.–09.11.2025 #artcologne2025

DE Icon Pfeil Icon Pfeil
DE Element 13300 Element 12300 EN

Experimente, Dialog und Brüche

Der Sektor Neumarkt der ART COLOGNE boomt. Er profitiert von aufstrebenden Newcomern wie galerie intershop, Cherry Hill und zaza‘.

Eine Installationsansicht von Daniel Krüger in der galerie intershop

Bei der galerie intershop sind die Künstler:innen (o. eine Ausstellung von Daniel Krüger) die Gesellschafter der Galerie. Foto: Tom Dachs

Junge Sammler sind für jede Kunstmesse für zeitgenössische Kunst besonders interessant. Um sie gezielt zu erreichen, haben manche sogar ein eigenes Segment eingerichtet. Dort dürfen Galerien, die noch nicht so etabliert sind, ihre meist jüngeren Positionen zu ermäßigten Konditionen vorstellen. Auf der ART COLOGNE heißt die Sektion „Neumarkt“ und erfreut sich einer jährlich steigenden Beliebtheit, was sich auch in der wachsenden Teilnehmerliste ausdrückt.

Die galerie intershop etwa reist aus Leipzig an. Im Februar 2021 verwandelte sich der Projektraum in eine UG (Unternehmensgesellschaft), eine Sonderform der GmbH, die Gründern einen einfachen Zugang zur haftungsbeschränkten Rechtsform ermöglicht. Zwei Jahre später wurde die UG auf insgesamt 10 Gesellschafter und Gesellschafterinnen aufgeteilt – allesamt Künstler und Künstlerinnen der Galerie. Seit 2024 hat der Künstler und studierte Betriebswirt Il-Jin Atem Choi die Geschäftsführung übernommen. „Wir sind eine Galerie mit einem hohen Anteil an Künstlerinnen. 14 Künstlerinnen und 6 Künstler“, sagt er. „Dieses Verhältnis soll auch so beibehalten werden. Denn Künstlerinnen sind vor allem im Kunstmarkt nach wie vor unterrepräsentiert und es existiert Druck von rechtsextremen Parteien, gesamtgesellschaftlich wieder zum Patriarchat zurückzukehren.“

Die Arbeit „Spike Island Grey Unpleasant Land“ der Künstlerinnen Sophia Al-Maria and Lydia Ourahmane

Zwischen Kunst und Design

Viele von der Galerie vertretene Positionen stammen von im Osten Deutschlands beheimateten Künstler:Innen, wie Roswitha Maul, Daniel Krüger oder Gudrun Petersdorff. „Sie arbeiten oft experimenteller und medienübergreifender als beispielsweise die malerisch-figurativen Positionen der „Neuen Leipziger Schule“ meint Choi, „was aber nicht heißt, dass gute figurative Malerei in der galerie intershop nicht zur Geltung käme.“

In Neapel und Mailand ist die von Alessandro Bava und Fabrizio Ballabio gegründete Galerie zaza‘ ansässig. Die Architekten haben nach ihrem Abschluss an der Architectural Association (AA) in London unter dem Pseudonym åyr 2022 ihr Mailänder Studio BB gegründet und an einer Vielzahl von Designprojekten gearbeitet, insbesondere für Kunstinstitutionen wie das Museion in Bozen, den italienischen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig 2023 oder die Quadriennale in Rom.

Ballabio und Bava haben einen neapolitanischen Hintergrund, der ihre Arbeit prägt. Ihr Büro ist gleichzeitig auch die Niederlassung der Galerie zaza‘, die sie nebenbei betreiben. Ihre Künstler und Künstlerinnen beschäftigen sich mit den Ideen von Repräsentation, Identität und Peripherie, die BB in der Architektur erforscht. Bisher ausgestellt haben in der Galerie Calla Henkel und Max Pitegoff, SAGG Napoli, Jim C. Nedd oder Alessandro Di Pietro. Zuletzt arbeitete das Duo an Bavas Traumprojekt, einer Installation, die die Ästhetik der Fitnesskultur neu interpretiert. Sie war auf der Mailänder Designwoche 2024 zu sehen.

Lea Lahr und Victor Beger, die beiden Gründer der Kölner Galerie Cherry Hil

Plattform für Austausch

Die von Lea Lahr und Victor Beger gegründete Galerie Cherry Hill gibt es in Köln seit November 2023. „Zu Beginn hat uns besonders die Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern unserer Generation motiviert, deren Arbeiten uns interessierten, die aber bisher nur wenige oder gar keine Ausstellungen in Deutschland oder im Rheinland hatten“, sagen die beiden. „Daher verstehen wir die Galerie als Plattform für Austausch und Dialog. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel eine Ausstellung organisiert, die von der Tokioter Galerie 4649 kuratiert wurde.“

Der Fokus des Duos liegt auf künstlerischen Praktiken, die Irritationen hervorrufen, Leerstellen aufzeigen oder Fragen der Zeitlichkeit verhandeln. Auf der ART COLOGNE zeigen sie Anna Rubin, eine in New York lebende Künstlerin, die hauptsächlich mit Video arbeitet. Sie beschäftigt sich mit Medien als Formen des Denkens, Wahrnehmens und Erfahrens von Zeit. Dazu gesellt sich Julian Krause, ein deutscher Bildhauer, dessen Werke aus der Auseinandersetzung mit verschiedenen Materialprozessen entstehen. Eyrie Alzate arbeitet als Dritte im Bunde an der Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Bildgebung und verwendet als ihr wichtigstes Werkzeug einen herkömmlichen Drucker. „Alzates Arbeitsprozess lässt Lücken, Brüche und wechselnde Beziehungen entstehen – und schafft so Werke, die paradoxerweise sowohl zeitlos als auch tief gegenwärtig erscheinen“, erläutern die Galeristen. Ihre Arbeiten wurden zuletzt bei Schiefe Zähne, Berlin (2025), Shore, Wien (2025) und Diana, Mailand (2025) gezeigt.

Autorin: Alexandra Wach