Roter Sammlungszuwachs in Köln
Ein Esel ist nicht zu sehen auf dem Gemälde „Flogging the Dead Donkey“ des Briten Frank Bowling. Stattdessen zeigt es eine abstrakte Komposition, dominiert von tiefen Rottönen. Hell schimmernd umranden sie die querformatige Leinwand und verdichten sich zentral zu einem braunschwarzen Kern. Die Bildmitte wirkt wie ein Kampf der Farben. Blaue, grüne und goldene Tropfen stechen aus dem Dunkel hervor, tiefrote Spritzer drängen nach außen. Ein Zusammenspiel von Farbfluss, Zufall und Geometrie, das charakteristisch ist für das Werk des 88-jährigen Malers.
„Flogging a Dead Horse“ ist ein ironischer Verweis Bowlings auf die monochrome Malerei
Den Titel dieser 2020 entstandenen Arbeit hat Bowling der englischen Redewendung „Flogging a Dead Horse“ entlehnt. Wer umgangssprachlich auf ein totes Pferd einschlägt, investiert vergebens Kraft und Zeit in eine längst gescheiterte Angelegenheit - oder greift ein Thema auf, das bereits vielfach behandelt wurde. Ein ironischer Verweis Bowlings auf die monochrome Malerei, die in der Kunstgeschichte wiederholt bearbeitet wurde und die auch er in seine eigene Praxis aufnimmt und bis heute weiterentwickelt.
Als er 1966 von London nach New York übersiedelt, begegnet er dort Werken von Mark Rothko, Barnett Newman oder Marcia Hafif, die mit dieser Form des einfarbigen Malens experimentieren. Mit seinem Fokus auf dynamische Maltechniken und Farbfeldmalerei findet er neben ihnen seinen Platz in der abstrakten Kunst. Gegenständliche Malerei, die Bowlings Frühwerk prägt, ließ er seither hinter sich.
Als erstes Gemälde des Künstlers Frank Bowling in einer öffentlichen deutschen Sammlung zieht „Flogging the dead Donkey“ am 15. November in das Kölner Museum Ludwig ein
Frank Bowling, Flogging the Dead Donkey, 2020, Acryl und Acryl Gel auf Leinwand mit Marouflage, 102,5 x 185,5 cm, © Frank Bowling/ VG Bild-Kunst-Bonn, Courtesy: der Künstler und Hauser & Wirth, Foto: Damian Griffiths
Als erstes Gemälde des Künstlers in einer öffentlichen deutschen Sammlung zieht „Flogging the dead Donkey“ am 15. November in das Kölner Museum Ludwig ein. Anlass ist die Auszeichnung seines bemerkenswerten Schaffens mit dem Wolfgang-Hahn-Preis 2022. Gastjurorin Zoé Whitley, die ihn als Teil der Jury gemeinsam mit den sechs Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft für Moderne Kunst auserkoren hat, sieht Bowling damit als „einzigartig erfinderische Persönlichkeit in der Geschichte des abstrakten Malens gewürdigt“.
Mayen Beckmann
Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft für Moderne Kunst
Geboren 1934 im damaligen Britisch-Guayana an der Nordküste Südamerikas zog Bowling mit 19 Jahren nach London. 1962 schloss er dort sein Malereistudium am Royal College of Art ab. Neben seinem Künstlerdasein nahm Bowling in New York als Redakteur des „Arts Magazine“ von 1969 bis 1972 eine Schlüsselrolle in den Debatten um afroamerikanische Kunst ein. Er plädierte für das Recht von Künstlerinnen und Künstlern, sich unabhängig von ihrer Identität und Herkunft frei an jeder Form des künstlerischen Ausdrucks zu beteiligen.
„Die Würdigung seines Schaffens erfährt der Künstler zum Ausklang einer langjährigen Karriere und zum Auftakt einer kunsthistorischen Einordnung als Klassiker“, sagt Mayen Beckmann, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft für Moderne Kunst.
Für Museumsdirektor Yilmaz Dziewior füllt der langersehnte Neuzugang, in dem sich der Geist amerikanischer Farbfeldmalerei und die britische Abstraktion zu einer unvergleichlichen Position verbinde, endlich eine Fehlstelle innerhalb der Sammlung Abstrakter Tendenzen.
Text: Sophie Angelov