Unter Nachbarn: Belgische Galerien auf der ART COLOGNE
Köln und Belgien verbindet eine besondere Freundschaft – und das nicht nur, weil das Szeneviertel der Domstadt den Namen des Nachbarlandes trägt.
Im Belgischen Viertel rund um die Kirche St. Michael sind die Straßen nach Städten wie Brüssel und Provinzen wie Lüttich benannt. In der Gegend fühlt man sich ein wenig wie in der Modehauptstadt Antwerpen, auch die Bewohner strahlen kreatives und weltoffenes Flair aus. Kaum verwunderlich also, dass die ART COLOGNE ein Termin ist, den sich viele belgische Galeristinnen und Galeristen schon Monate voraus in ihrem Kalender notieren.
„Wir werden zum ersten Mal an der ART COLOGNE – dem Mutterschiff aller globalen Kunstmessen – teilnehmen und eine Standpräsentation mit der Kölner Galerie Clages teilen“
Jannis Marwitz, 6 drawings, 2021, Tinte auf Papier (gerahmt), 35 x 72 cm, Courtesy Damien & The Love Guru
Galeristin Priya Shetty reist aus Brüssel an, wo sie mit ihrer Galerie Damien & The Love Guru einen der spannendsten Orte der Stadt für junge Kunst betreibt. Kluge Kuration und Raum für das Experimentelle zeichnen die Ausstellungen aus, die Shetty mittlerweile auch an ihrem zweiten Standort in Zürich präsentiert.
„Wir werden zum ersten Mal an der ART COLOGNE – dem Mutterschiff aller globalen Kunstmessen – teilnehmen und eine Standpräsentation mit der Kölner Galerie Clages teilen“, sagt Shetty.
Mit Jannis Marwitz, Christiane Blattmann und Jasmin Werner zeigt sie drei junge Positionen, die alle in Deutschland geboren sind.
Nach Jahren der Fokussierung auf den französischen Markt kehrt Albert Baronian auf die ART COLOGNE zurück.
Außenansicht der gemeinsamen Ausstellungsräume von Gallery Sofie Van de Velde und PLUS-ONE Gallery, Antwerpen, Courtesy Gallery Sofie Van de Velde
Künstlerinnen und Künstler mit Bezug zu oder Wurzeln in Deutschland hat auch Albert Baronian im Gepäck, der Standorte in Brüssel und Knokke führt: Zeigen wird er Arbeiten von u.a. Max Frintrop, Olaf Holzapfel, Imi Knoebel und Thomas Zipp.
Der Belgier eröffnete seine erste Galerie 1973 und konzentrierte sich insbesondere auf Vertreter der Arte Povera. Kein Wunder also, dass man an seinem Stand auch Arbeiten von Jannis Kounellis finden wird. „Wir haben uns entschieden, wieder an der ART COLOGNE teilzunehmen, um die Bindung zu unseren deutschen Sammlern zu stärken und auch neue Sammler kennenzulernen“, sagt Galeriemitarbeiterin Claire Mulders. „Nachdem wir einige Jahre hauptsächlich an Messen in Frankreich teilgenommen haben, freuen wir uns sehr, nach Köln zurückzukehren.“
Rodolphe Janssen, der seit diesem Jahr im Beirat der ART COLOGNE sitzt, reist aus Brüssel an. Auch er bringt Namen mit, die man in Deutschland gut kennt: So wird er neben den Zwillingsbrüdern Gert & Uwe Tobias, die in Köln zu Hause sind, den Bildhauer David Adamo und die Malerin Cornelia Baltes präsentieren, die heute beide in Berlin leben. Baltes' minimale Malerei fügt sich gut zu den grafischen Arbeiten der Amerikanerin Alice Tippit, die Janssen ebenfalls zeigt.
Aus Knokke kommt der Galerist Quentin Grosjean von der QG Gallery. Arbeiten von Bernd & Hilla Becher, Hanne Darboven, Martin Kippenberger, Imi Knoebel, François Morellet, Georg Karl Pfahler und anderen wird er in einer Gemeinschaftspräsentation zeigen. „Die Idee ist, einen Dialog zwischen abstrakter Malerei der Nachkriegszeit, Minimalismus und deutschen Ikonen der Figuration zu schaffen“, sagt er. Ebenfalls aus Knokke kommt Edouard Simoens, der Werke von Künstlern wie Hermann Nitsch und A.R. Penck zeigen wird.
„Wir präsentieren minimalistische Arbeiten mit klarem Bezug zu den Grundkomponenten Malerei, Fotografie und Kino“ Astrid Vereycken, Gallery Sofie Van de Velde
In der Mitte ihrer Karriere befinden sich die drei Künstler, die Galeristin Sofie Van de Velde aus Antwerpen mit auf die Messe bringt: Die sphärischen Ölgemälde des Belgiers Stef Driesen erinnern an einsame Körper und verlassene Korridore. Gezeigt werden sie im Dialog mit Collagen von John Stezaker und abstrakten Holztafeln von Willy De Sauter. „Wir präsentieren minimalistische Arbeiten mit klarem Bezug zu den Grundkomponenten Malerei, Fotografie und Kino“, sagt die Galeriemitarbeiterin Astrid Vereycken.
In Antwerpen hat Van de Velde zwei Ausstellungsräume – einen bespielt die begnadete Netzwerkerin gemeinsam mit dem Galeristen Jason Poirier dit Caulier von Plus-One, mit dem sie sich auch auf der ART COLOGNE einen Stand teilt.
„Für uns ist die Messe eine großartige Gelegenheit, unser Kooperationsmodell der Öffentlichkeit zu präsentieren“
Mevlana Lipp, Thief, 2022, Holz, Samt, Sand, Acryl, Tinte auf Aluminiumrahmen, 80 x 60 cm, Courtesy PLUS-ONE Gallery
„Für uns ist die Messe eine großartige Gelegenheit, unser Kooperationsmodell der Öffentlichkeit zu präsentieren“, sagt Poirier dit Caulier. „Unsere beiden Galerien wachsen stark und auch unser Netzwerk unter deutschen Sammlern wächst. Innerhalb der Galerien arbeiten wir bereits mit einigen deutschen oder in Deutschland ansässigen Künstlern zusammen.“ Einer von ihnen ist der gebürtige Kölner Mevlana Lipp, den Plus-One auf der Messe mit einer Solopräsentation vorstellen wird. „Das Faszinierende an Lipps Arbeit ist die Präzision, die darin steckt. Er lotet die Grenze zwischen Skulptur und Malerei aus“, erklärt Poirier dit Caulier. Mit weniger als zwei Autostunden zwischen Köln und Antwerpen sieht er die Messe als perfekten Ort, um Bekanntschaften – sowohl zu Sammlern, aber auch zu anderen Galeristen – zu knüpfen.
Jason Poirier dit Caulier
PLUS-ONE Gallery
Kollaboration statt Konkurrenz: Keteleer Gallery freuen sich auf ihr Debut in Präsenz auf der ART COLOGNE
Ausstellungsansicht der Einzelausstellung „Pacific“ von Mevlana Lipp in der PLUS-ONE Gallery 2021, Foto: Axelle Degrave
Auf Kollaboration statt Konkurrenz setzt auch Frederick Keteleer. Er führt mit seinen Eltern die gleichnamige Keteleer Gallery in Antwerpen: 2012 gegründet, spezialisiert sich das Familienunternehmen auf moderne und zeitgenössische Kunst. Nachdem Keteleer 2021 virtuell auf der ART COLOGNE vertreten war, kann er 2022 endlich wieder persönlich vor Ort sein.
Frederick Keteleer
Keteleer Gallery
Das mag auch daran liegen, dass Keteleer fünf zeitgenössische deutsche Künstler und drei weitere, die in Deutschland leben und arbeiten, vertritt. Darunter auch der Bildhauer Stephan Balkenhol, der auf der Messe eine neue Plastik aus Bronze zeigen wird.
Insgesamt wird Keteleer Arbeiten von neun Künstlerinnen und Künstlern präsentieren. Zu den Highlights zählen ein museumsreifes Gemälde von Imi Knoebel, aber auch Arbeiten von Newcomern wie dem 1990 geborenen Maler Floris Van Look.
Vor drei Jahren fusionierte die Keteleer Gallery mit den Sammler- und Galeristenbrüdern Bart und Gerald Deweer. Das Duo begann Ende der Siebzigerjahre damit, Künstler wie Georg Baselitz auf dem belgischen Markt zu präsentieren und hat sich damit Kultstatus erarbeitet. Um das Erbe der beiden Pioniere wach zu halten, gehören die beeindruckenden Ausstellungshallen der Deweers im westflanderischen Otegem seit dem Zusammenschluss zum Galerieuniversum von Keteleer. 2019 eröffnete die Keteleer Gallery zusätzlich einen weiteren Standort: Ihr Landhaus aus dem 14. Jahrhundert, das sich mitten im Wald von Peerdsbos, etwa 30 Autominuten außerhalb von Antwerpen befindet, ist einen Ausflug wert. Menschen an besonderen Orten zusammenzubringen, das ist Frederick Keteleer besonders wichtig – auch in Köln.
„Dieses Jahr werden viele unserer belgischen Sammler auf der ART COLOGNE dabei sein, einige von ihnen zum ersten Mal“, sagt er. „Wir freuen uns darauf, ihnen die Messe und die Stadt zu zeigen.“
Text: Laura Storfner