Voloshyn Gallery: Von Kiew in die Welt
Am 24. Februar brach mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine neue Zeitrechnung an. Wir alle, so formulierte es die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, seien in einer anderen Welt aufgewacht. Das ukrainische Galeristenpaar Max und Julia Voloshyn erlebte den Februarmorgen nicht in der eigenen Wohnung in Kiew. Die beiden befanden sich in Miami, wo sie nach ihrer Teilnahme an der Art Basel an einer Pop-Up-Ausstellung arbeiteten. Während sie die letzten Vorbereitungen trafen, verwandelte sich ihre Galerie in der ukrainischen Hauptstadt in einen Bunker. Galeriemitarbeiter, Freunde und Fremde fanden in Räumen Schutz.
Mitten im historischen Stadtzentrum gelegen, war die Voloshyn Gallery seit der Gründung 2016 zu einer der wichtigsten Adressen für ukrainische Kunst der Gegenwart gewachsen. Durch zahlreiche Messeteilnahmen machten sich die Voloshyns auch international einen Namen: Wer sich für junge Talente aus Kiew und Umgebung interessierte, war bei den beiden an der richtigen Adresse.
Seit der Gründung 2016 ist die Voloshyn Gallery zu einer der wichtigsten Adressen für ukrainische Kunst der Gegenwart gewachsen.
In ihr Zuhause konnte das Paar bis heute nicht zurückkehren.
Die letzten Monate arbeiteten sie im Ausland, reisten von Ausstellung zu Ausstellung, gaben Interviews und setzten sich für die Unabhängigkeit der Ukraine ein. Wir erreichen sie nach Monaten des nomadischen Arbeitens wieder in Miami, wo sie sich auf die ART COLOGNE vorbereiten.
„Unser Zuhause ist in Kiew, aber im Moment können wir nicht in die Ukraine zurück“, sagen die beiden. Am 10. Oktober trafen russische Raketen erneut das historische Zentrum der ukrainischen Hauptstadt. Wie durch ein Wunder, erzählen die Voloshyns, blieben ihr Team und ihre Angehörigen unversehrt – genau wie der Galerieraum selbst.
„Wir wissen nicht, was in einem Monat sein wird. Wir können nur für ein paar Wochen oder sogar Tage planen“, erklären sie. „Deshalb versuchen wir, in Bewegung zu bleiben und unsere ganze Energie in unsere Arbeit zu stecken.“
Max und Julia Voloshyn
Maria Sulymenko, Untitled, 150x150 сm, Aquarell auf Papier, 2022, Courtesy Voloshyn Gallery
Zu tun gibt es viel für das Paar: Die letzten Monate waren nicht nur mental herausfordernd. An sieben Messen, darunter die Armory Show in New York und die Viennacontemporary in Wien, haben die Voloshyns in diesem Jahr bereits teilgenommen. Sie werden nicht müde, sich für die Sichtbarkeit von Künstlerinnen und Künstlern aus der Ukraine einzusetzen.
„Die Kunstszene ist für uns eine weitere Front, an der wir kämpfen“, sagen die beiden. „Die Ukraine hat eine starke künstlerische Stimme und wir machen uns dafür stark, dass diese Stimme in der Weltgemeinschaft gehört wird.“
Im Oktober eröffneten sie in Dallas in Kollaboration mit den Dallas Art Fair Projects eine neue Schau: Der Multimediakünstler Nikita Kadan oder die Malerin Lesia Khomenko präsentierten dort gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen neue Arbeiten, die den völkerrechtswidrigen Krieg und seine Folgen in Bildern behandeln.
Max und Julia Voloshyn
Maria Sulimenko, Untitled, 155x100 сm, Aquarell auf Papier, 2016, Courtesy Voloshyn Gallery
Nach Köln kommen die Voloshyns in diesem Jahr zum ersten Mal: „Wir sind sehr gespannt auf unsere Teilnahme an der ART COLOGNE und hoffen, dass der Aufenthalt erfolgreich wird. Darüber hinaus freuen wir uns auf Kooperationen mit Kunstinstitutionen und Galerien.
Mit Maria Sulymenko werden die beiden eine Malerin vorstellen, die in Aquarellen die großen Fragen des Menschseins mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit behandelt. „Das Interessante ist, dass sie ihren persönlichen Stil in Deutschland entwickelt hat“, erklären die Voloshyns. „Nach ihrem Abschluss an der Kiewer Kunsthochschule studierte sie zunächst Malerei und Bildhauerei in Stuttgart und schloss dann ein Grafikdesignstudium in Offenbach an.“ Sulymenko ist nicht nur eine Wanderin zwischen den Welten, auch ihren poetischen Gemälden merkt man das Interesse an verschiedenen künstlerischen Disziplinen an.
Wir werden die Integration der ukrainischen Kunst in der globalen Kunst- und Kulturszene weiter vorantreiben.“
Maria Sulimenko, Untitled, 155x100 сm, Aquarell auf Papier, 2016, Courtesy Voloshyn Gallery
Kein Stillstand, so könnte das Motto der Voloshyn Gallery lauten. Der Motor, der sie antreibt, ist Hoffnung und das Vertrauen in ihr Wirken.
„Es besteht kein Zweifel, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird. Aber wir zahlen einen zu hohen Preis für unsere Unabhängigkeit!“, sagt das Gründerpaar.
Aktuell bereiten sie die Wiedereröffnung der Galerie in Kiew vor, auch wenn bislang nicht abzusehen ist, wann sie wieder Besucher empfangen können. „Wir werden unsere Mission fortsetzen“, sagen die Voloshyns. „Wir werden die Integration der ukrainischen Kunst in der globalen Kunst- und Kulturszene weiter vorantreiben.“
Text: Laura Storfner